Arbeiten auf Koh Rong
„Hannah! Schau dir das mal an!“ rufe ich, als ich einen Facebook Eintrag entdecke, der sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Da bietet jemand einen Job als Barkeeper in einem Strandresort in Kambodscha an. Das klingt ja schon irgendwie lässig, oder?“ frage ich Hannah, die mit einem erstaunten, aber nicht minder begeisterten Strahlen, um die Ecke biegt. „Und für wann suchen sie?“ fragt mich Hannah, was ich nur mit einem Achselzucken beantworten kann. „Und für wie lange?“ fragt sie weiter. Abermals Achselzucken.
Kurze Zeit später senden wir einen kleinen Text an Laura, die das Inserat eingestellt hatte. Unsere Hoffnungen sind nicht allzu groß, da wir zu diesem Zeitpunkt gerade einmal den 1. Juni schreiben und wir vermutlich erst gegen Oktober in Kambodscha aufschlagen würden. Dennoch warten wir beide angespannt, wie Pumper vor dem Spiegel, auf eine Antwort.
Keine fünf Minuten vergehen, ehe eine neue Nachricht im Postfach aufleuchtet. Wir blicken uns aufgeregt an und klicken auf die Antwort von Laura. „Klar könnt ihr noch weitere Infos haben. Es handelt sich um den Nest Beach Club auf Koh Rong. Es wäre wichtig, dass ihr ein wenig Bar- und Restauranterfahrung mitbringt und mindestens einen Monat Zeit habt. Da wir aber nur ein kleines Team sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch im Oktober Personal benötigt wird. Meldet euch doch einfach nochmal, wenn ihr wisst, wann ihr da seid. LG Laura“ steht dort geschrieben.
Dreimal dürft ihr raten, was als nächstes passierte? Richtig! „Nest Beach Club Koh Rong„, hatten wir Sekunden später in die Suchleiste unserer Handys getippt. Als die ersten Bilder erschienen war uns beiden klar: Wir arbeiten auf Koh Rong !
Zwei Monate später…
„Das heißt wir wären ab dem 1. September in Kambodscha?“ frage ich Hannah, als wir unsere weitere Reiseroute auf der Dachterasse unseres Hostels in Malakka, Malaysia besprechen. „Dann lass uns doch nochmal dem Nest Beach Club schreiben und nachhaken, ob das Angebot immer nocht steht!?“ schlage ich vor, während Hannah bereits ihr Handy gezückt hat, um Laura zu kontaktieren.
Wieder dauert es nur wenige Minuten bis wir eine Antwort vom Nest Beach Club erhalten. Ben, der Chef, möchte gerne ein kurzes Skype Telefonat mit uns führen. Voll Vorfreude aber dennoch nervös sagen wir zu.
Das Skype Interview
Aufgeregt checken wir beide nochmal im Spiegel, ob wir einen einigermaßen ordentlichen Eindruck machen. Leichter gesagt, als getan, mit einem Wikinger Bart und meiner „Wir-sind-auf-Reise-lass-mal-wachsen-Frisur“. Glücklicherweise stellen sich unsere Sorgen, als wir den eingehenden Anruf annehmen, als unbegründet heraus, denn Ben am anderen Ende der Leitung, begrüßt uns oberkörperfrei, gut gelaunt und mit Gin Tonic in der Hand. Sollten so „Bewerbungsgespräche“ nicht immer aussehen? Jedenfalls entwickelt sich schnell eine aufgeregte Unterhaltung über Gott und die Welt. Ok, weniger über Gott, aber die Welt. Die einzige logische Konsequenz: Wir haben einen Job und Ben zwei neue högschd motivierte Barkeeper. Yessssssss!
Die Ankunft auf Koh Rong
High Noon – Die Sonne brennt erbarmungslos auf das Ferry Peer in Sihanouk Ville, Kambodscha. Gestern waren wir noch in Kuala Lumpur, Malaysia. Unsere Gesichter glänzen im Antlitz der brütenden Hitze, während wir unsere Rucksäcke in Richtung Boot hieven. Wir können es beide kaum erwarten, endlich die frische Brise der Bootsfahrt nach Koh Rong zu genießen.
Alles läuft nach Plan und kurze Zeit später legt das kleine Boot vom Anleger ab (oder ist es dann ein ABleger? Whatever!). Rund eine Stunde heizt die Speed Ferry Cambodia über die ruhige See, bis wir uns dem Fähranleger auf Koh Rong nähern.
Bereits von der Ferne können wir das urige Koh Toch a.k.a. „The Village“ erkennen. Provisorisch zusammen geschusterte Hütten und Häuschen säumen die Hauptbucht von Koh Rong. Es gibt keine Straßen, keinen Verkehr. Nur ein schmaler Fußweg führt entlang der vielen Hütten, die sich bei unserer Ankunft größtenteils als Bars, Restaurants und Hostels herausstellen.
Als wir das Eiland betreten, orientieren wir uns gen Norden und peilen den Nest Beach Club an, der ca. 1,5 Kilometer nördlich des Village liegen sollte. Anfangs ist der Weg noch angenehm, dann folgt herrlicher Sandstrand, ehe man sich rund 20 Minuten durch den Dschungel „kämpfen“ muss.
Die Sonne steht immer noch im Zenit, dementsprechend sind wir inzwischen schweißgebadet. Umso näher wir kommen, desto nervöser werden wir. Wie werden die anderen Leute drauf sein? Was sind unsere Aufgaben? Ist der Nest Beach Club wirklich so traumhaft, wie die Bilder es versprechen? Es geht uns einiges durch den Kopf in diesen Momenten.
Als sich der Dschungel lichtet, erreichen wir ein absolut traumhaftes Stück Strand. Direkt an den Strand angrenzend, der Nest Beach Club. Was für eine idyllische Lage!
Komplett durchnässt, man könnte meinen wir wären geschwommen, steigen wir die Stufen hoch zur Bar, wo man uns schon mit einem Lächeln erwartet. Vermutlich sieht man uns unsere Erschöpfung an, sodass wir erstmal zu unserem Dorm gebracht werden, bevor wir allen vorgestellt werden. Es gibt zwei 12er Dorms, deren Betten sowohl als Einzel- als auch als Doppelbett genutzt werden können. Durch einen Vorhang hat man seine Privatsphäre, fast wie in einem eigenen Zimmer. Uns gefällts!
Als wir wieder bei Kräften sind und die schwersten Schweißausbrüche überwunden haben, werden wir dem Team vorgestellt. Bis auf einen Kambodschaner kommt der Staff für die Bar aus England, Deutschland, Frankreich und den USA. In der Küche sieht das etwas anders aus, dort ist Küchenchef Radek, der Kopf eines talentierten Khmer Teams.
Nach der Vorstellungsrunde folgt dann auch schon die erste Runde Cocktails. Den restlichen Tag sollen wir einfach nur genießen, was uns an diesem wunderbaren Ort überhaupt nicht schwer fällt. Spätestens nach der dritten Runde Cocktails, die ich dann, zur Übung, gleich mal selbst mische, sind auch jegliche Sprachbarrieren vergessen. So haben wir einen rauschenden ersten Abend auf Koh Rong, bevor am nächsten Tag unsere erste Schicht auf uns wartet.
Arbeiten auf Koh Rong
Nach einer kurzen Nacht, stehen wir am nächsten Morgen um 8 Uhr für unsere erste Schicht bereit. Die Sonne ist gerade aufgegangen und taucht die Bar in ein weiches Licht. Die erste Aufgabe an diesem, wie an jedem Morgen, Kaffee kochen :). Generell startet man eher gemächlich in den Tag, ehe das Restaurant um 9 Uhr auch für die Gäste öffnet.
An diesem ersten Tag schnuppern wir in das Daily Business hinein und lernen beispielsweise wie man das Booking- und Kassensystem bedient, wie man die verschiedenen Drinks mixt und garniert, oder man die riesigen Eisblöcke zur Kühlung der Getränke mit der Machete spaltet (bestes Antiaggresionstraining ever, nicht dass wir welche hätten). Um 16 Uhr geben wir den Staffelstab weiter an die Nachtschicht. Puuuuh, wir sind ganz schön geschafft und fühlen uns physisch und psychisch ausgelaugt. Wie bei jedem Job gewöhnt man sich allerdings recht schnell daran und der Spaß steht eindeutig im Mittelpunkt.
Die anschließende Nachschicht geht von 16 Uhr bis Ladenschluss, der normalerweise für Mitternacht angepeilt wird. Hier ist man besonders in der Happy Hour von 18 bis 21 Uhr gefordert. Tatsächlich sind es also sogar mehrere glückliche Stunden. Während dieser Zeit fließt das Gezapfte für 0,75 Dollar Cent, während zwei Cocktails für 5 Dollar den Tresen verlassen. Auch für sich selbst muss man in dieser Zeit entscheiden, ob man mal wieder Einen mittrinkt oder nüchtern das Treiben der Beschwipsten beobachtet. Da die Frage bei mir eher rethorisch anmutet, kann ich behaupten, dass zumindest Hannah auch mal die zweite Variante gewählt hat.
Die Hauptaufgaben der Morgen- als auch der Nachtschicht bestehen darin, das Essen zu servieren, Drinks zuzubereiten, die Bar sauber zu halten und natürlich die Gäste in das Hostel einzuchecken. In Stoßzeiten ist eine helfende Hand meist nie fern. Wenn also eine Horde hungriger oder hin und wieder auch trinkwütiger Urlauber die Bar entert, hilft einer dem anderen. Das ist das Schöne an solch einem kleinen Hostel. Man ist ein eingespielter Haufen und sich nicht zu schade auch mal etwas mehr als nötig zu anzupacken.
Im Laufe der Zeit hat sich die Morgenschicht als unser Favorit heraus gestellt. Einfach weil man gemütlich in den Tag startet und besonders weil man ab 16 Uhr frei hat, die letzten Sonnenstrahlen genießt, ein Bier aufmacht und wie die anderen Urlauber das traumhafte Koh Rong genießt.
Wie viel Spaß die Abendschicht macht ist von mehreren Faktoren abhängig. Die Anzahl der Gäste, dem eigenen Alkoholpegel und der allgemeinen Stimmung. An manchen Abenden hat man kaum einen freien Moment und die Zeit vergeht wie im Flug, während man an anderen Abenden nichts zu tun hat, womöglich selbst verkatert ist und eigentlich nur auf Barschluss wartet. Häufig bewegt man sich auf einem Mittelweg, der den Optimalfall darstellt.
Die Sache mit dem Geld
Uns war von Anfang an klar, dass wir für die Arbeit kein Geld bekommen würden. Im Nachhinein können wir klar festhalten, dass wir froh darüber sind. Man bekommt ein Bett gestellt, drei Mahlzeiten am Tag und 10 Dollar Getränke Verzehr, während Wasser und Kaffee für das Team komplett kostenfrei sind. Die Summe, die man uns zahlen hätte können, wäre insgesamt wohl weit geringer ausgefallen. Auf diese Weise konnten wir eine Menge Geld sparen und mussten dennoch auf weniger verzichten, als in den acht Monaten davor. Klingt nach einer Win-Win-Situation, oder?
Fazit
Es war eine unglaublich intensive Zeit. Man hat nur wenig Privatsphäre und auch die Rückzugsmöglichkeiten sind begrenzt, denn für die Urlauber spielt es keine Rolle, ob du gerade im Dienst bist oder nicht und dich womöglich einfach nur nach Ruhe sehnst. Das ist im Vergleich zu den positiven Aspekten aber alles zu vernachlässigen. Man muss nur den Blick über die traumhafte Bucht schweifen lassen und die meisten Lasten fallen von einem ab. Wir lieben das Team, das geile Essen, die Parties und die meisten Gäste :P. Man ist einfach immer in guter Gesellschaft, das gleicht die mangelnde Privatsphäre glatt wieder aus.
Nachdem wir 8 Monate extrem aufs Budget achten mussten, war es eine Genugtuung alles auf der Karte bestellen zu können und nicht beim zweiten Bier den Finanzplan checken zu müssen. Das heißt, obwohl wir auf Koh Rong gearbeitet haben, fühlte es sich für uns wie Urlaub an. Aber ganz ehrlich, hatte nicht jeder schon mal den Traum von einer „eigenen“ Strandbar? Wir schon, von daher ist das in gewisser Weise auch ein Punkt auf unserer Bucketliste, den wir streichen können.
Wir bedanken uns bei allen, die diesen Monat so einzigartig gemacht haben. Vielleicht ergibt sich im Frühjahr nochmal die Möglichkeit, denn eines steht für uns fest…
Arbeiten auf Koh Rong würden wir sofort wieder.
Habt ihr auch schon Erfahrungen mit Arbeiten auf Reisen gemacht? Wie sind eure Erfahrungen mit Arbeiten für Kost und Logie? Wir sind gespannt auf eure Erzählungen, also ab in die Kommentare damit.
2 Kommentare
Hannah
11. Dezember 2017 at 7:52Hey ihr beiden!
Klingt ja nach einer mega coolen Erfahrung- und ist, wie ihr gesagt habt, auch ein ganz guter Deal. Ich kann total verstehen, wie cool es ist mal nicht bei jeder Mahlzeit aufs budget gucken zu müssen haha.. Und mir ist noch ein vorteil aufgefallen: falls es euch jemals nach Australien verschlägt, habt ihr nun schon wertvolle Erfahrung, mit der es euch hier viel leichter fallen wird, einen Job zu finden. Der dann mit 20 Dollar die Stunde bezahlt wird ???
Liebe Grüße, Hannah
Björn
15. Dezember 2017 at 5:05Hey Hannah, es war tatsächlich mega cool. Sind gespannt, ob wir irgendwann nochmal in einer Strandbar arbeiten werden, aber wenn, dann sind wir vorbereitet :D. Hoffe euch geht es auch gut und ihr habt Spaß ;) Grüße Björn